Anfrage
Wissen 19.01.2023

Strompreisbremse und Gewinnabschöpfung – was Anlagenbetreiber wissen müssen

Mit dem vom Bundestag am 15.12.2022 verabschiedeten Gesetzt zur Einführung einer Strompreisbremse (StromPBG) sollen Verbraucher vor stark steigenden Stromkosten entlastet werden. Finanziert werden soll die Strompreisbremse durch eine Abschöpfung von Überschusserlösen bei Betreibern von Stromerzeugungsanlagen. Wer genau davon betroffen ist und welche Konsequenzen das für Betreiber von Erneuerbare Energien-Anlagen hat, erfahren Sie im folgenden Beitrag.

Abschöpfungserlöse finanzieren Strompreisdeckel

Mit dem StromPBG setzt die Bundesregierung, die von Europarat am 30. 09.2022 verabschiedete EU-Notfallverordnung gegen hohe Energiepreise um. Auf der Entlastungsseite soll für private Verbraucher und Kleingewerbe mit einer Netzentnahmestelle bis zu 30.000 Kilowattstunden der Strompreis auf 40 ct/kWh (inklusive Netzentgelten, Steuern, Abgaben und Umlagen) für 80 Prozent ihres historischen oder prognostizierten Jahresverbrauchs gedeckelt werden.Für jede mehr verbrauchte Kilowattstunde wird der vertraglich vereinbarte Arbeitspreis herangezogen.

Netzentnahmestellen mit mehr als 30.000 kWh, sollen ein auf 13 ct/kWh (zuzüglich Netzentgelten, Steuern, Abgaben und Umlagen) gedeckeltes Kontingent in Höhe von 70 Prozent ihres historischen oder prognostizierten Netzbezuges erhalten. Für jede mehr verbrauchte Kilowattstunde wird der vertraglich vereinbarte Arbeitspreis herangezogen.Die für diese beschriebenen Entlastungsmaßnahmen erforderlichen Finanzmittel sollen möglichst durch Abschöpfung von Überschusserlösen bei Betreibern von Stromerzeugungsanlagen generiert werden. 

 

Strompreisbremse im Detail:

Die Strompreisbremse gilt für alle Stromkundinnen und Stromkunden ab Januar 2023. Die Entlastungsbeträge für Januar und Februar werden von den Stromversorgern im März 2023 mitberücksichtigt. Die Strompreisbremse gilt zunächst bis Ende Dezember 2023 und kann durch die Bundesregierung bis Ende April 2024 verlängert werden.

Höchstgrenzen:

Für Unternehmen sind Höchstgrenzen in Bezug auf Entlastungsbeträge, die aus beihilferechtlichen Gründen zu berücksichtigen sind, unter § 9 StromPBG geregelt. Stromkunden, die Unternehmen sind, erhalten pro Abnahmestelle einen Entlastungsbetrag von maximal 150.000 € (§ 9 Abs. 5 StromPBG). Wenn dieser Entlastungsbetrag darüber liegt, muss eine entsprechende Selbsterklärung (§ 9 Abs. 5 i. V. m. § 30 StromPBG) abgegeben werden. Wenn Entlastungsbeträge von Unternehmen an sämtlichen Verbrauchsstellen einen Betrag von 150.000 € in einem Monat übersteigen, treffen die Unternehmen Mitteilungspflichten (§ 30 Abs. 1 StromPBG), die zu beachten sind.

 

Hinweis: Der Entlastungsbetrag ist über alle Monate im Jahr begrenzt auf die tatsächlichen Stromkosten an der betroffenen Netzentnahmestelle für das Kalenderjahr 2023.

 

Begrifflichkeiten:

Referenzwert (kWh/Jahr):
Historischer Verbrauch des Kunden an der Netzentnahmestelle, die zur Berechnung des Entlastungskontingents gemäß StromPBG herangezogen wird. Bei Verbrauchsstellen mit registrierender Leistungsmessung (RLM) ist der gemessene bzw. geschätzte Verbrauch im Kalenderjahr 2021 maßgeblich.

Entlastungskontingent (kWh/Jahr):
Das Kontingent, welches für die Preisbremse gemäß Vorgaben aus dem StromPBG Anwendung zur Berechnung der Entlastung findet.
Das Kontingent (70% oder 80%) bezieht auf den bestimmten Referenzwert.

Referenzpreis (ct/kWh):
Der gemäß StromPBG vorgeschriebene Maximalpreis (40 ct/kWh oder 13 ct/kWh) für das Entlastungskontingent.

Strompreis2023 (ct/kWh):
Ist der vertraglich vereinbarte Strompreis der bei einem Referenzpreis i.H.v. 40,00 ct/kWh inkl. Netzentgelten, Umlagen, Abgaben und Steuern in Brutto dargestellt wird.
Bei einem Referenzpreis i.H.v. 13,00 ct/kWh wird er in Netto ausgegeben.

Differenzpreis (ct/kWh):
Preis ergibt sich aus der Differenz des Strompreises2023 und dem heranzuziehenden Referenzpreis.

Entlastungsbetrag (€): Ist der ermittelte Jahresbetrag, der anteilig auf der Monatsrechnung berücksichtigt wird. Der Betrag berechnet sich aus der Differenz zwischen dem Referenzpreis und Ihrem aktuellen Vertragspreis, multipliziert mit dem Entlastungskontigent.

 

Gewinnabschöpfung im Detail:

Das StromPBG verpflichtet Anlagenbetreibende zur Zahlung der „Überschusserlöse“ oberhalb einer technologiespezifischen Erlösobergrenze zuzüglich. eines Sicherheitszuschlags. Für alle erfassten Anlagenbetreiber gilt grundsätzlich, dass 90 Prozent der Überschusserlöse abgeschöpft werden. 

 

Wer ist betroffen?

Von der Erlösabschöpfung betroffen sind Erneuerbare-Energien-Anlagen einschließlich Biogasanlagen mit einer installierten Leistung ab 1 MW. Falls mehrere Anlagen nach dem Anlagenbegriff der für sie geltenden Fassung des EEG zusammengefasst werden müssen, gelten sie für die Erlösabschöpfung als eine Anlage. Ebenfalls erfasst sind Stromerzeugungsanlagen auf Basis von Kernenergie, Braunkohle, Mineralölprodukten, Altholz mit Ausnahme von Industrierestholz, Torf und Abfall.

Ausgenommen sind dagegen Anlagen, die ausschließlich oder überwiegend Heizöl, Flüssiggas, Erdgas, Biomethan, Steinkohle, Gichtgas, Hochofengas, Kokereigas oder Sondergase verstromen, sowie die Stromerzeugung mit ausschließlich netzgekoppelten Speichern. Außerdem nicht von der Abschöpfung betroffen ist die Stromerzeugung ohne Netznutzung (On-Site PPA und Eigenversorgung).

 

Zeitlicher Anwendungsbereich

Die Abschöpfung erfolgt für Strommengen, die zwischen dem 01.12.2022 und 30.06.2023 erzeugt werden/wurden. Die Bundesregierung kann durch eine Verordnung den zeitlichen Anwendungsbereich der Abschöpfung bis zum 30.04.2024 verlängern. 

Anlagenbetreibende müssen die Abschöpfungsbeträge selbst berechnen. Die Zahlung muss bis zum 15. Kalendertag des fünften Monats erfolgen, der auf den jeweiligen Abrechnungszeitraum folgt. Der erste Abrechnungszeitraum ist der 01.12.2022 bis 31.03.2023. Für den ersten Abrechnungszeitraum muss die Meldung bzw. Zahlung der Überschusserlöse demnach bis 31.07. bzw. 15.08.2023 erfolgen. Ab dem 01.04. ist der Abrechnungszeitraum das jeweilige Quartal. Die Meldung erfolgt über eine elektronische Plattform und auf Basis von Formularvorlagen der Netzbetreiber.

 

Grundsatz der Abschöpfung für Anlagen in der geförderten Direktvermarktung (§16 StromPBG) 

Die Erlöse sind im Grundsatz die monatlichen Erlöse auf Basis des energieträgerspezifischen Marktwertes einer EE-Anlage (unter folgendem Link einsehbar). Diesen werden technologiespezifische Referenzkosten gegenübergestellt. Bei EEG-Anlagen ergeben sich die Referenzkosten aus dem anzulegenden Wert und der monatlichen Stromerzeugung zuzüglich eines Sicherheitszuschlages von 3 ct/kWh für etwaige Zusatzkosten. Sofern kein anzulegender Wert bestimmbar ist, werden 10 ct/kWh zuzüglich eines Sicherheitszuschlages von 3 ct/kWh angewandt. Bei Wind- und Solaranlagen werden zudem 6 Prozent des mittleren Monatsmarktwert hinzuaddiert, um die höheren Direktvermarktungskosten abzudecken.

Bei ausgeförderten Anlagen fällt der Sicherheitszuschlag auf null. Etwaige Boni werden dabei hinzugerechnet. Biogasanlagenbetreiber erhalten einen Sicherheitszuschlag von 9 statt nur 3 ct/kWh. Bei Anlagen aus der Innovationsausschreibung werden Referenzkosten von 10 ct/kWh zuzüglich der fixen Marktprämie aber nur einer Sicherheitszuschlags von 1 ct/kWh gewährt.

Aus der Differenz der Erlöse und Referenzkosten wird der Überschusserlös bestimmt, der zu 90 Prozent abgeschöpft wird. Beim Anlagenbetreiber verbleiben nur 10 Prozent. Da die Erlösabschöpfung eine Kostenbelastung darstellt, würden Betreiber von Wind- und Solaranlagen ihre Stromerzeugung in den Stunden einstellen, in denen die erwartete Abschöpfung den jeweiligen Spotmarktpreis übersteigt. Um diese Mindereinspeisung zu verhindern, kann in diesen Stunden alternativ der Überschusserlös auf den Spotmarktpreis abzüglich 0,4 ct/kWh begrenzt werden (stundenscharfe Korrektur).

 

Alternative Abschöpfung nach anlagenbezogenen Vermarktungsverträgen (§18 StromPBG) 

Die Erlöse der EE-Anlage können alternativ zur Spotmarktberechnung auch nach anlagenbezogenen Vermarktungsverträgen (PPA) ermittelt werden. Wird diese Berechnung gewählt, muss sie bis zum Ende des Vermarktungsvertrages beibehalten werden. Bei Verträgen, die vor dem 01.11. geschlossen wurden, sind die Erlöse aus dem PPA anstelle der Spotmarkterlöse anzusetzen. Verträge ab dem 01.11.2022 sind nur für neu errichtete Anlagen zulässig. In beiden Fällen werden die Referenzkosten auf Basis der anlegbaren Werte, mindestens aber 8 ct/kWh, festgelegt. Allerdings sinkt der Sicherheitszuschlag von 3 auf 1 ct/kWh. Die Anrechnung von 6 Prozent auf den mittleren Monatsmarktwert von Wind- und Solaranlagen entfällt; die alternative stundenscharfe Begrenzung des Überschusserlöses auf den Spotmarktpreis abzüglich 0,4 ct/kWh kann jedoch weiter vorgenommen werden.

Betreiber von Bestandsanlagen können sich ab dem 01.11. keine neuen PPAs mehr anrechnen, weil der Gesetzgeber Umgehungsmöglichkeiten ausschließen möchte. Für diese Anlagen kommt dann nur Korrektur der Spotmarktergebnisse durch Absicherungsgeschäfte mit Preissicherungsmeldungen nach EEX-Terminmarktprodukten in Frage. Diese Methodik ist allerdings eher für große Vermarktungsportfolien gedacht und für einige Anlagen nur schwer umzusetzen.

Hinweis: LEAG energy cubes übernimmt keine Gewähr für die Vollständigkeit, Richtigkeit und Aktualität der Angaben. Der vorliegende Blogbeitrag dient lediglich der Information und ersetzt keine individuelle Rechtsberatung.

Was gilt es für Anlagenbetreiber zu wissen zur Strompreisbremse und Gewinnabschöpfung? Foto: Symbolbild Adobe Stock